Es ist eine Jahrtausende alte Krankheit - und trotzdem kennt sie die Mehrheit der Menschen nicht. Betroffen sind fast ausschließlich Frauen, die mit Schmerzen kämpfen und aus Unkenntnis zudem oft stigmatisiert werden. Wir klären hier deshalb umfassend über die Erkrankung Lipödem auf.
Bereits im Alten Ägypten findet sich die Darstellung eines Lipödems: Die Königin von Punt am Hatschepsut-Tempel trägt die unverkennbaren Fettfalten. Denn die Erkrankung bedingt ein immer weiteres Anwachsen des Unterhautgewebes. Es handelt sich also um chronische Beschwerden durch eine Störung der Fettverteilung im Gewebe. Besonders betroffen sind Oberschenkel, Hüfte und Gesäß. Ein Lipödem ist nicht heilbar, sondern nur einzudämmen!
Auslöser des Ödems scheinen hormonelle Veränderungen bei der Frau zu sein - abschließend sind die Ursachen für das Krankheitsbild noch nicht geklärt. Meist treten erste Symptome nach der Pubertät auf, weniger häufig nach Schwangerschaften und den Wechseljahren. Auch eine genetische Vorbelastung der Patientinnen ist sehr wahrscheinlich.
Bevorzugt an den Beinen, seltener an den Armen, tritt verstärkt das Unterhautfettgewebe verdickt hervor. Füße und Zehen bleiben dabei außen vor. Der Körper wirkt dadurch disproportional, weil der Rumpf schlank ist und sich das Volumen erst ab Hüfte abwärts bemerkbar macht. Dieses ungleiche Körperbild - Ober- und Unterkörper passen nicht zusammen - macht den Frauen sehr zu schaffen und erzeugt oft eine hohe psychische Belastung.
Berührt man das Bein oder den Arm, ist dieses/dieser oft sehr empfindlich. Bereits ein leichter Druck reicht, um Schmerzen auszulösen. Im fortschreitenden Stadium kann es aufgrund des zunehmenden Umfangs dazu kommen, dass die Oberschenkel aneinander scheuern und eine Beeinträchtigung beim Gehen vorliegt. Die Haut wird wund und schmerzt. Es ist sogar möglich, dass die Gehfähigkeit immens eingeschränkt wird und ein Rollstuhl nötig ist.
Es gehört gar nicht viel dazu - und schon ist ein auffälliger Bluterguss entstanden. Diese blauen Flecken (Hämatome) entstehen, weil die Wände kleinster Blutgefäße beim Lipödem sehr brüchig sind.
Schwere und angespannte Beine, vor allem am Abend, treten auf. Auch beim Hochlagern über Nacht gehen diese Ansammlungen von Flüssigkeit nicht mehr zurück. Das Wasser in den Beinen sorgt dafür, dass geringster Kontakt als unangenehm empfunden wird. Auch Schmerzen kommen hinzu, als ob man "Beton in den Beinen" hätte.
Cellulite, die sogenannte Orangenhaut, ist zu Beginn sichtbar; später kommt es zu harten Knoten im Unterhautfettgewebe und die Haut wird permanent unebener. Bei einem sehr ausgeprägten Lipödem bilden sich Fettwülste unter der Haut. Die Symptome können sowohl an den Beinen auftreten als auch an den Armen. Auch dort bilden sich dann Fettwülste, die hervorstehen und die Haut sehr uneben machen.
Wichtig ist die Abgrenzung zu Adipositas, der chronischen, krankhaften Fettleibigkeit. Die Proportionen zwischen Rumpf und Extremitäten sind dabei gleich verteilt. Das Gewicht ist sehr erhöht und das Körperfett konzentriert sich auf die Mitte (Bauch, Po). Die Adipositas ist mit viel Bewegung und gesunder Ernährung in den Griff zu bekommen. Ein Lipödem bleibt - egal wie viel Sie abnehmen. Sie werden Gewicht an den Stellen verlieren, die nicht von der Erkrankung betroffen sind, jedoch nicht an den eigentlich von Ihnen gewünschten Zonen, die von der Fettstörung beeinflusst sind.
Unterschieden werden drei Stadien:
Die fünf Typen orientieren sich an der Lokalisation des Lipödems:
Es gilt, die Ödeme unter Kontrolle zu bringen. Dabei helfen in erster Linie und von Anfang an (!) Kompressionsstrümpfe, die unbedingt im Fachhandel angepasst werden müssen. Frauen mit Lipödemen weichen krankheitsbedingt von den Standardmaßen der Strümpfe ab. Eine exakte Vermessung der Beine ist das Allerwichtigste, soll die Kompressionstherapie wirken. Durch den Druck, den das Material auf Ihre Gefäße erzeugt, wird der Blutfluss verbessert, Lymphflüssigkeit staut sich nicht so leicht an, die Beine bleiben länger schmerzfrei.
Achten Sie auf flachgestrickte Strümpfe, die Sie durch eine Naht erkennen. Welche Kompressionsklasse für Sie in Frage kommt, hängt von der Schwere Ihres Lipödems ab. Detaillierte Informationen finden Sie in unserem Beitrag "Die richtige Kompressionsklasse: Welche Strümpfe brauche ich?"
Mit Fortschreiten des Krankheitsbildes wird das Anlegen der engen Kompressionsstrümpfe oft mühsam. Dann können Anziehhilfen eine große Unterstützung für Sie sein, von denen Sie im Sanitätshaus eine große Auswahl finden. Denn Aussetzen sollten Sie mit der Kompressionstherapie auf keinen Fall, auch wenn es schwer fällt und diese ein Leben lang fortgeführt werden muss. Ohne den Druck auf die Gefäße schreitet das Ödem noch schneller voran.
Die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE) wird eingesetzt, um die Ödeme (die Wassereinlagerungen) aus den betroffenen Körperregionen zu massieren. Mit Hilfe der manuellen Lymphdrainage arbeitet sich der speziell ausgebildete Physiotherapeut vom Rumpf bis zu den Ödemen in Beinen oder Armen vor. Es werden besondere Schöpf-, Dreh- und Pumpgriffe angewendet, um über die Haut und das Unterhautfettgewebe die Lymphe zu aktivieren. Die im Gewebe eingelagerte Lymphflüssigkeit wird dadurch zum Herz transportiert und staut sich nicht mehr in den Gliedmaßen. Wichtig ist die anschließende Kompressionstherapie mit Strümpfen oder Strumpfhose, um den Effekt so lange wie möglich zu erhalten. Die Schmerzen können durch die KPE verringert und das Spannungsgefühl verbessert werden: Eine Therapie zur Heilung ist es aber nicht!
Bei schweren Krankheitsverläufen ist ein Aufenthalt in einer Lymphologischen Fachklinik eine Möglichkeit, um eine zeitweilige Verbesserung für die Patientin zu erzielen.
Beim Lipödem geht es nicht in erster Linie um den kosmetischen Effekt einer Fettabsaugung. Es steht ganz klar die medizinische Notwendigkeit im Mittelpunkt! Wenn man vor Schmerzen nicht mehr Gehen kann, im schlimmsten Fall von einem offenen Bein (Ulcus) bedroht ist und unter ausgesprochenem psychischen Druck steht, kann eine Liposuktion hilfreich sein. Dazu muss man wissen, dass diese Therapie nur in Ausnahmefällen von der Krankenkasse übernommen wird, weil sie nicht im Leistungskatalog der Kassen aufgeführt ist. Zirka 3500 bis 6000 Euro kostet eine Operation dieser Art, die die Patientin also in der Regel selbst bezahlen muss. Dabei werden mit einer vibrierenden Mikrokanüle alle erkrankten Fettzellen parallel zu den Lymphgefäßen entfernt, damit letztere nicht verletzt werden. Es hat sich ein sehr schonendes Verfahren etabliert, denn die Vibration sorgt dafür, dass die umliegenden Gefäße und Nerven nicht angesaugt werden. Auch nach der OP ist eine manuelle Lymphdrainage und die Kompression notwendig, um schnell Schwellungen abklingen zu lassen.
Das Lipödem gehört wahrscheinlich zu den verkanntesten Erkrankungen - selbst viele Ärzte haben mit der Diagnose der Fettverteilungsstörung Schwierigkeiten. Dabei ist es so wichtig, die betroffenen Frauen möglichst frühzeitig zu behandeln, damit die Symptome so lange wie möglich konventionell im Zaum gehalten werden können. Leider gibt es bislang keine Heilung für ein Lipödem. Erkennbar ist es durch Schmerzen, Druckempfindlichkeit und die symmetrische Volumenzunahme der Gliedmaßen, meist der Beine. Begonnen wird mit einer konventionellen Therapie aus Kompressionsversorgung und Lymphdrainage. Ist die Erkrankung fortgeschritten, hilft oft eine Liposuktion, damit die Patientin wieder aktiv am Leben teilhaben kann. Jedoch wird die medizinische Fettabsaugung zum Großteil nicht von der Krankenkasse übernommen.
Haben Sie Sorge, dass Sie bei Ihnen ein Lipödem vorliegt und brauchen Sie Beratung zur richtigen Kompressionstherapie? Bei Beuthel finden Sie verständnisvolle Experten, die exakt Maß nehmen und Ihnen alles rund um Kompressionsstrümpfe erklären.