Torticollis: Ursachen und Therapie des Schiefhalses

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Der Torticollis, umgangssprachlich auch Schiefhals genannt, ist kein einzelnes Krankheitsbild, sondern vielmehr ein Symptom, das auf teils ganz unterschiedliche Auslöser und Ursachen zurückgeführt werden kann. Welche sind das und was hilft bei Torticollis?

Ein verdrehter Hals? Was bedeutet das?

Der im Deutschen für Torticollis umgangssprachlich verwendete Begriff Schiefhals beschreibt bereits das nach außen hin sichtbarste Kennzeichen der Fehlstellung: Der Betroffene neigt seinen Kopf seitwärts. Oft wird der Schiefhals auch als verdrehter Hals bezeichnet. Die Schief- bzw. Fehlhaltung kann sowohl angeboren als auch erworben sein und tritt in verschiedene Neigungsarten auf:

  • Der Kopf ist zur Schulter geneigt (Laterocollis)
  • Der Kopf wird dauernd gedreht, als würde der Patient ihn schütteln wollen (rotatorischer Torticollis)
  • Kopf und Hals sind nach vorn geneigt bzw. auf die Brust gebeugt (Anterocollis)
  • Kopf und Hals sind nach hinten gelegt bzw. überstreckt (Retrocollis)
  • Mehrere Faktoren treten gleichzeitig auf z.B. der Kopf ist seitwärts geneigt und zusätzlich gedreht

Neben den unterschiedlichen Neigungsarten gibt es auch eine Reihe von verschiedenen Ursachen, die zu einem Torticollis führen können. Je nach Ursache kann ein Schiefhals dauerhaft oder auch nur vorübergehend auftreten.

Torticollis: Welche Formen gibt es? Wie werden sie behandelt?

So unterschiedlich, wie sich die Schiefstellung von Kopf und Hals darstellt, so verschieden sind auch die Krankheitsbilder und Ursachen des Torticollis. Der Schiefhals kann zum Beispiel angeboren sein, sich rheumatisch, muskulär- oder skelettbedingt entwickeln sowie auch neurologische Gründe haben. Dementsprechend werden die notwendigen Therapien ausgerichtet.

Der Schiefhals kann große Schmerzen hervorrufen, die sich in anschließende Körperregionen wie Rücken und Schulter ausbreiten, wie ein Erfahrungsbericht zeigt, den Sie hier nachverfolgen können. Auch hier wird auf die unterschiedlichen Therapie-Ansätze eingegangen.

Der muskuläre Schiefhals

Der muskuläre Schiefhals, auch kongenitaler Torticollis genannt (Torticollis muscularis congenitus), ist angeboren oder kann während der Geburt entstehen. In den meisten Fällen wird er durch eine einseitige Verkürzung des Kopfnickermuskels (Muskulus sternocleidomastiodeus) verursacht. Bei Neugeborenen ist er oft direkt oder spätestens nach 7 bis 10 Tagen aufgrund der schiefen Kopfhaltung zu erkennen.

Um dauerhafte Kopffehlhaltungen oder eine chronische Wirbelsäulenverkrümmung (Skoliose) zu vermeiden, sollte der muskuläre Schiefhals so früh wie möglich behandelt werden. Bei den meisten Kindern hilft bereits eine konservative Therapie, bei der durch physiotherapeutische Übungen die natürliche Kopfhaltung eingeübt wird.

Sind die therapeutischen Maßnahmen nicht erfolgreich, kann eine Operation erfolgen. Ist ein chirurgischer Eingriff notwendig, wird im Anschluss der Kopf des Kindes mit Hilfe einer Schiefhals-Orthese zuerst ruhig gestellt und unterstützt, um dann langsam in die korrekte Stellung gebracht zu werden. Dazu wird eine entsprechende Orthese von einem Orthopädietechniker eigens für den Patienten angepasst.

Der ossäre Torticollis - Klippel-Feil-Syndrom

Diese Form des Torticollis ist skelettbedingt. Das heißt, es gibt keine muskuläre Ursache, sondern sie ist im Bereich der Halswirbelsäule zu suchen. Es kann zum Beispiel zu einem Schiefhals kommen, wenn einzelne Wirbel fehlgebildet sind oder falsch zueinander stehen. Diese knöchernen Fehlbildungen können angeboren sein oder im Laufe des Lebens entstehen, zum Beispiel durch einen nicht richtig verheilten Knochenbruch im Bereich der Halswirbelsäule. Handelt es sich um eine angeborene, knöcherne Fehlbildung, bei der mehrere Halswirbel miteinander verschmolzen sind, spricht man auch von dem Klippel-Feil-Syndrom (kongenitale Halswirbelsynostose). Es führt zu einer sichtbaren Verkürzung und einer mitunter starken Bewegungseinschränkung des Halses.

Behandelt wird der durch das Klippel-Feil-Syndrom entstandene Schiefhals symptomatisch und in den meisten Fällen konservativ mit Hilfe von Physiotherapie oder manuellen Therapie. In manchen Fällen kann auch ein operativer Eingriff Verbesserungen erwirken.

Die zervikale Dystonie - neurologische Schädigungen

Neben muskulären und knöchernen Fehlbildungen kann ein Schiefhals auch aufgrund von neurologischen Störungen entstehen. Ist dies der Fall, handelt es sich um einen spastischen Schiefhals (Torticollis spasticus), der auch als zervikale Dystonie bezeichnet wird. Er entsteht durch eine Fehlsteuerung in den Basalganglien - dem Gehirnbereich, der für die Bewegung der Kopfnickermuskeln zuständig ist. Eine dortige Funktionsstörung bewirkt unwillkürlich starke Muskelanspannungen (Spasmen) mit abnormen Kopfstellungen und -bewegungen, die oft mit Schmerzen verbunden sind.

Behandelt wird der spastische Torticollis meistens mit der Gabe von Botulinum-Toxin, das viele Menschen unter dem Namen Botox kennen. Es legt die Muskelfunktion in dem Bereich still, in dem das Medikament injiziert wurde.

Weitere Formen des Torticollis: Schlaganfall, Schleudertrauma, Medikamente...

Zu einem verdrehten Hals kann es außerdem durch Narbenbildung nach einer Halsoperation oder durch eine Verletzung am Hals kommen (Torticollis cutaneus). Aufgrund der entstandenen Narben verkürzen sich Haut und Muskeln auf einer Halsseite, wodurch sich der Kopf zur betroffenen Seite neigt.

Um die Beschwerden zu lindern, kann eine physiotherapeutische Behandlung zur Lockerung des Gewebes stattfinden. Ebenfalls möglich wäre ein weiterer operativer Eingriff durch einen plastischen Chirurg.

Außerdem können folgende Ursachen einen Torticollis auslösen:

  • Tumore (im Hals- oder Hirnbereich)
  • Schlaganfall
  • Hirnverletzungen und -entzündungen
  • Gefäßmissbildungen
  • Einnahme bestimmter Medikamente (auf die Basalganglien wirkend)
  • Stoffwechselerkrankungen
  • Traumatische Ereignisse an Kopf, Hals und Nacken (Unfallfolgen, z.B. durch ein Schleudertrauma)

Ein Schiefhals durch Schonhaltung

Nicht immer ist eine muskuläre oder knöcherne Fehlbildung bzw. eine Fehlsteuerung im Gehirn die Ursache für einen Schiefhals. In einigen Fällen kommt die Kopfneigung auch als schmerzlindernde Ausgleichsbewegung und Schonhaltung zustande.

Der akute Schiefhals

Ein akuter Schiefhals (Torticollis acutus) kann mehrere Ursachen haben. Häufig entsteht er in Folge eines Halswirbelsyndroms (HWS-Syndrom). Das HWS-Syndrom ist ein Sammelbegriff für Beschwerden im Schulter-, Nacken- und Armbereich, die auf eine geschädigte Halswirbelsäule zurückzuführen sind. Dies können zum Beispiel Schädigungen aufgrund eines Unfalls (Schleudertrauma bzw. HWS-Distorsion) oder Verschleißerscheinungen sein. Sind aufgrund eines HWS-Syndroms bestimmte Nerven gereizt und schmerzen, nimmt der Betroffene oftmals eine Schonhaltung ein indem er den Kopf neigt, um die Schmerzen zu lindern.

Ein weiterer, möglicher Auslöser für den akuten Schiefhals ist eine starke Muskelverspannung bzw. eine Verkrampfung der Muskulatur, die im weiteren zu einer Blockade der Halswirbelsäule führen kann, im Volksmund oft als "steifer Hals" bezeichnet. Hierzu kommt es unter anderem, wenn man sich nachts "verlegen" hat, aufgrund von starker Zugluft, Überbeanspruchung oder durch Fehlhaltungen. Um den betroffenen Muskel nicht weiter zu beanspruchen, geht der Betroffene in eine Schonhaltung, aus der der Schiefhals resultiert.

Außerdem kann der Torticollis acutus auch plötzlich, aufgrund einer ruckartigen Bewegung auftreten.

Um den akuten Schiefhals bei einer Muskelverspannung oder Blockade zu behandeln, wird oftmals eine Halskrause bzw. Halskrawatte verwendet. Unter anderem wird durch ihre wärmende Funktion die Durchblutung der Muskulatur verbessert. Entsprechende Halskrausen sind in Ihrem Sanitätshaus erhältlich.

Außerdem kann eine durch einen Arzt oder Physiotherapeuten durchgeführte therapeutische Behandlung mit bestimmten Zug- und Bewegungstechniken den Schiefhals wieder ausgleichen. Gegebenenfalls können auch Kinesio-Tapes hilfreich sein, die auch muskelentspannend wirken können.

Der rheumatische Schiefhals

Auch verschiedene Arten von Rheuma im Bereich der Halswirbelsäule können einen Schiefhals auslösen. Der Patient neigt seinen Hals seitwärts, um seine rheumatisch bedingten Schmerzen in den Wirbelgelenken zu verringern (Torticollis rheumaticus).

Um den rheumatischen Schiefhals zu behandeln, gibt es zwei Möglichkeiten: Während gegen die rheumatische Entzündung entsprechende Medikamenten gegeben werden, wird der Torticollis, ähnlich wie der akute Schiefhals, manualtherapeutisch behandelt.

Der infektiöse Schiefhals

Eine Entzündung im Hals-Nasen-Rachen-Bereich kann ebenfalls zu einer Schonhaltung und damit zu einem Schiefhals führen, der in diesem Fall als infektiöser Schiefhals bezeichnet wird (Torticollis infectiousus). Er tritt vor allem bei einer nicht ausreichend mit Antibiotika behandelten Hals-, Kehlkopf- oder Mandelentzündung auf. Kommt es zu starken Schmerzen, nimmt der Patient eine Schonhaltung ein, indem er seinen Kopf zur entzündeten Seite neigt. Dies kann außerdem bei Abszessen im Rahmen einer Mandelentzündung oder bei akuten Entzündungen der Lymphknoten im Halsbereich der Fall sein.

Schiefhaltung als Ausgleich

Schließlich ist eine Schiefhaltung des Kopfes möglich, weil der Betroffene damit eine Sehstörung (Torticollis ocularis) oder eine einseitige Schwerhörigkeit (Torticollis acusticus) auszugleichen versucht. Der Patient führt die Kopfbewegung in diesem Fall nicht aufgrund von Schmerzen herbei, sondern willkürlich, um dadurch besser sehen oder hören zu können.

Oftmals wird der Begriff Schiefhals auch als Synonym für das KiSS-Syndrom bei Babys verwendet, dessen Existenz allerdings umstritten ist.

Fazit zu den Ursachen und der Behandlung des Torticollis

Der Torticollis ist kein Symptom einer bestimmten Krankheit, sondern es können viele verschiedene Ursachen in Frage kommen. Dazu gehören zum einen angeborene muskuläre oder knöcherne Fehlbildungen. Zum anderen kann es aufgrund von verschiedenen Krankheiten (z.B. Tumore oder Schlaganfall), operativen Eingriffen oder in Folge von Unfällen zu einem Schiefhals kommen. Außerdem können neurologische Störungen für einen Torticollis verantwortlich sein. Teilweise nimmt der Betroffene die schiefe Kopfstellung auch als Schonhaltung oder als Ausgleichshaltung für ein besseres Sehen oder Hören ein.

Manche Formen des Schiefhalses verschwinden bereits nach einiger Zeit wieder - teilweise sogar ohne therapeutische Hilfe. Andere Typen bleiben - teils in durch Therapien verbesserter Form - lebenslang bestehen. Behandelt wird sehr unterschiedlich: Zum Einsatz kommt Physiotherapie genauso wie OPs oder auch eine Halskrause.

Probleme mit einem verdrehten Hals? Schmerzen bei der Bewegung? Haben Sie Fragen zum Torticollis?

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