Während die einen sich gegängelt fühlen, freuen sich andere über das neue Patientenrechtegesetz. Ärzte beklagen zwar verstärkte Bürokratie, aber Patienten erhalten endlich mehr Rechte und Krankenkassen sind an klare Fristen gebunden. Was das für die Kostenübernahme und die Versorgung mit Hilfsmitteln zur häuslichen Pflege bedeutet, erklären wir Ihnen in diesem Beitrag.
Sie spüren es: Das Gelenk zwickt, die Muskeln verkrampfen oder Sie kämpfen mit Rückenschmerzen. Der erste Weg führt Sie zum Arzt, damit er eine Diagnose für Ihre Beschwerden stellt. Dieser entscheidet, welche Therapie bei Ihnen zum Einsatz kommt und stellt Ihnen ein Rezept aus, beispielsweise, wenn Ihr Rücken Ihnen Probleme bereitet.
Wurde Ihnen ein Hilfmittel, zum Beispiel aus dem Bereich der Orthopädietechnik oder der Lymphtherapie verordnet, gehen Sie mit dem Rezept in Ihr Sanitätshaus. Versorgungen mit Hilfsmitteln sind im Allgemeinen genehmigungspflichtig, deshalb ist ein Kostenvoranschlag bei der Krankenkasse nötig. Darum kümmert sich ebenfalls das Sanitätshaus.
Die Krankenkasse prüft, ob das verordnete Hilfsmittel medizinisch notwendig ist und dem Gebot der Wirtschaftlichkeit entspricht. Es kann also durchaus sein, dass Ihnen Ihre Kasse eine kostengünstigere Alternative finanziert. Sie haben ein Recht darauf, eine Unterstützung nach dem neuesten medizinischen Stand zu erhalten. Achten Sie daher auf die Qualität der Ihnen angebotenen Versorgung.
Hat die Krankenkasse ihre Zustimmung gegeben, geht das Genehmigungsschreiben zurück zum Sanitätshaus und Ihr medizinisches Hilfsmittel kann ausgeliefert werden. Bei einem Ablehnungsbescheid, weil die Kasse die Versorgung als nicht notwendig oder zu teuer einschätzt, können Sie schriftlich oder mündlich Widerspruch innerhalb eines Monats bei der Krankenkasse einlegen. Die Krankenkasse muss Sie im Übrigen über dieses Recht informieren.
Das Gesetz stärkt die Versorgung der Patienten unter anderem dahingehend, dass die Krankenkassen feste Fristen zur Bearbeitung von Leistungsanträgen haben, worunter auch die Verordnungen für Hilfsmittel fallen. Festgeschrieben ist das im §13, Abs. 3a des Sozialgesetzbuches V.
Die wichtige Frist für die Bewilligung eines Kostenvoranschlags ist drei Wochen.
Ausnahme: Erfolgt eine Begutachtung durch den MDK, hat die Kasse fünf Wochen Zeit. Diese Fristverlängerung muss die Krankenkasse dem Versicherten jedoch innerhalb der ersten drei Wochen mitteilen.
Damit soll das Verfahren zur Kostenübernahme beschleunigt werden, um die Patienten möglichst schnell mit Hilfsmitteln versorgen zu können, es sei denn, ein Ablehnungsbescheid ergeht.
Überschreitet die Kasse diese Fristen, ohne Ihnen einen hinreichenden, schriftlichen Grund zu nennen, gilt der Leistungsantrag als genehmigt. Das bedeutet im Klartext: Sie gehen ins Sanitätshaus und beschaffen sich zum Beispiel Ihre orthopädischen Einlagen oder den gewünschten Rollstuhl selbst. Die Rechnung geht an die Krankenkasse, die dann dazu verpflichtet ist, die Kosten zu erstatten. Das ist ausdrücklich im Gesetz (§ 13 Absatz 3a Satz 7 SGB V) festgehalten: "Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet."
Alternativ bestehen Sie auf die von Ihnen gewählte Versorgung und klagen diese vor einem Sozialgericht ein. Kaufen Sie das Hilfsmittel jedoch selbst und lassen sich das Geld von der Kasse wiedergeben (vielleicht müssen Sie es auch einklagen), können Sie die Unterstützung für Ihre Erkrankung oder Ihr Handicap schneller nutzen.
Sie wissen nicht genau, wie Sie einen Widerspruch formulieren sollen? Sie möchten eine Beschwerde loswerden? Oder erfahren, welche Rechte Ihnen als Patient noch zustehen? Dafür gibt es die Unabhängige Patientenberatung, die allen Menschen offen steht, ob gesetzlich, privat oder gar nicht krankenversichert:
Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD)
Tempelhofer Weg 62
12347 Berlin
Fax: 0800/33 22 12 24 (gebührenfrei)
E-Mail: onlineberatung@patientenberatung.de
www.patientenberatung.de
Beratungstelefon: 08 00/0117722 (Montag bis Freitag von 8.00 bis 22.00 Uhr, Samstag von 8.00 bis 18.00 Uhr)
Außerdem eine hilfreiche Adresse:
Bürgertelefon des Bundesministeriums für Gesundheit
11055 Berlin
www.bundesgesundheitsministerium.de
Bürgertelefon zur Krankenversicherung: 0 30/3 40 60 66-01
Bürgertelefon zur Pflegeversicherung: 0 30/3 40 60 66-02
(jeweils Montag bis Donnerstag von 8 bis 18 Uhr und Freitag von 8 bis 12 Uhr)
Der GKV-Spitzenverband klärt über die Leistungen der Krankenkassen zur Gesundheitsvorsorge sowie allgemein zum deutschen Gesundheitssystem auf:
GKV-Spitzenverband
Reinhardtstraße 28
10117 Berlin
Telefon: 030/206 2880
Fax: 0 30/20628888
E-Mail: kontakt@gkv-spitzenverband.de
www.gkv-spitzenverband.de
Der unabhängige Ombudsmann für privat Kranken- und Pflegeversicherte hilft bei Streitigkeiten mit privaten Versicherungsträgern:
Ombudsmann Private Kranken- und Pflegeversicherung
Postfach 06 02 22
10052 Berlin
Telefon: 0800/255 04 44 (gebührenfrei)
Fax: 0 30/20 45 89 31
www.pkv-ombudsmann.de
Mit dem Patientenrechtegesetz sind die Kassen nun dazu verpflichtet, Ihren Antrag auf Leistungen innerhalb von drei Wochen, bzw. fünf Wochen (bei einem zusätzlichen Gutachten) zu bearbeiten. Geschieht dies nicht, gilt der Antrag als genehmigt und Sie können sich Ihr Hilfsmittel auf Rechnung der Kasse selbst beschaffen.
Zuvor benötigen Sie jedoch ein ärztliches Rezept, welches Sie im Sanitätshaus vorlegen. Dort kümmert man sich um den Kostenvoranschlag für die Kasse und auch die Auslieferung Ihres Hilfsmittels, wenn die Genehmigung vorliegt. Wird die Versorgung abgelehnt, gibt es hilfreiche Ansprechpartner wie die Unabhängige Patientenberatung, die Sie in Sachen Widerspruch und Co. berät.
Welche Hilfsmittel für welches Krankheitsbild hilfreich sind, erfahren Sie in unserem kostenlosen eBook "Alles über Pflege zu Hause": von Arthrose bis zum Schlaganfall. Zudem gibt es darin viele Tipps zum Beantragen von Leistungen wie der Pflegestufe oder dem Pflegeunterstützungsgeld.
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