Ganz gleich ob das eigene Kind, die Eltern, Großeltern oder der Partner immer intensivere, liebevolle Pflege braucht - wenn Sie dabei Unterstützung benötigen, können Sie einen Antrag auf eine Pflegestufe stellen. Was ist aber zu tun, wenn die Pflegekasse die Einstufung ablehnt? Wir erklären Ihnen, wie Sie Widerspruch einlegen und was hilfreich ist, um überhaupt eine Pflegestufe zu bekommen.
Um die Leistungen der Pflegeversicherung - Pflegegeld, Pflegesachleistung oder Kombinationsleistung - in Anspruch nehmen zu können, muss für den Antragsteller eine Pflegebedürftigkeit festgestellt werden. Laut Bundesgesundheitsministerium liegt diese vor bei... Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Erst eine festgestellte Pflegebedürftigkeit rechtfertigt eine Pflegestufe und damit zum Bezug von Leistungen.
Doch was versteht man unter diesem Mehr an Hilfe? Für die Pflegestufe spielt aktuell vor allem der Zeitaufwand die entscheidende Rolle: Also wie lange dauert es, bis der Pflegebedürftige zum Beispiel angekleidet ist oder bei der Körperpflege unterstützt werden muss? Kann er oder sie das eigentlich noch allein?
Auf die Stufen bezogen bedeutet das:
Ab 2017 wird sich das jedoch mit der Umstellung von Pflegestufe auf Pflegegrade ändern. Was ab diesem Zeitpunkt wichtig ist, können Sie nochmals übersichtlich in unserem Beitrag dazu nachlesen.
Sinnvoll ist der Antrag auf eine Pflegestufe, wenn der Alltag vom Patienten nicht mehr oder nicht mehr allein bewältigt werden kann.
Unter Hilfen, die eine Pflegebedürftigkeit rechtfertigen können, versteht man unter anderem
Eine Pflegestufe wird formlos bei der zuständigen Pflegekasse beantragt. Benötigen Sie dabei Unterstützung, helfen Ihnen diese Tipps; zusätzlich steht Ihnen der Weg zum Pflegeberater offen.
Im Anschreiben sollte die Versichertennummer des Antragstellers vermerkt sein, sowie der Satz: "Hiermit beantrage ich Leistungen aus der Pflegeversicherung." Hilfreich ist, darauf hinzuweisen, dass bereits Hilfe bei der Pflege benötigt wird. Sie können gern Ihren Angehörigen bei der Antragstellung begleiten, aber wichtig ist: Der Antrag muss vom Pflegebedürftigen selbst gestellt und unterschrieben werden.
Es folgt eine Begutachtung des Patienten und seiner häuslichen Umgebung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse (MDK). Und das ist DER ausschlaggebende Termin zur Bestimmung der Pflegestufe.
Es gilt, dabei unbedingt einige Fehler zu vermeiden, damit dem Antrag stattgegeben wird und ein Widerspruch erst gar nicht notwendig ist.
Führen Sie als pflegender Angehöriger mindestens 2 Wochen exakt Tagebuch darüber, was der Pflegebedürftige noch leistet und wobei Sie ihn unterstützen müssen. Denken Sie dabei an ALLE Hilfen, die Sie rund um die Uhr übernehmen, zum Beispiel:
Hier finden Sie ein Pflegetagebuch als Vorlage. Die Aufzeichnungen dienen als Nachweis für erbrachte Leistungen über einen längeren Zeitraum hinweg. Achten Sie dabei immer auf die korrekten Zeitangaben. Ohne solch ein Pflegetagebuch wird es schwer, den tatsächlichen Pflegebedarf nachzuweisen.
Arztberichte, medizinische Gutachten, Entlassungsberichte des Krankenhauses, besondere Ausweise (Schwerbehindertenausweis, Herzpass, Diabetikerausweis), Röntgenbilder, MRT-Ergebnisse usw. - es gibt vieles, was den MDK interessiert und in die Entscheidung zur Pflegestufe einfließt. Wenn Sie zum Termin der Begutachtung alles korrekt vorlegen, beschleunigt das das Einstufungsverfahren und macht zudem einen guten Eindruck. Vergessen Sie dabei nicht, die Dokumente zu kopieren, um dem Gutachter alles mitgeben zu können.
Der häufigste Grund zur Ablehnung der Pflegestufe ist das Auftreten der Pflegebedürftigen selbst. Viele Menschen scheuen sich, um Hilfe zu bitten oder möchten sich natürlich von ihrer besten Seite zeigen, wenn der Gutachter ins Haus kommt. Das ist verständlich, aber nicht zielführend. Denn plötzlich erklärt der gehbehinderte Patient, noch Treppensteigen zu können oder die überwiegend bettlägerige Pflegebedürftige berichtet, weiter selbst den Haushalt zu führen. Hier ist Einfühlungsvermögen gefragt, um zum einen die Wünsche der Bedürftigen nach Selbstbestimmung im Blick zu haben, aber auch die nötige Hilfe durchzusetzen. Besprechen Sie deshalb unbedingt mit dem Antragsteller im Vorfeld, was für ihn wichtig ist und was man darum dem MDK mitteilen muss.
Arbeiten Sie bereits mit einem Pflegedienst zusammen, sollte der Sie betreuende Mitarbeiter beim Einzelfalltermin mit dabei sein, um Ihre Angaben zu bestätigen und auch ein fachliches Urteil abzugeben.
Die an den Pflegestützpunkten angesiedelten Pflegeberater helfen Ihnen ebenfalls mit Tipps, um eine Pflegestufe zu beantragen.
Klappt alles wie gewünscht, erhält der Pflegebedürftige nach wenigen Wochen einen Einstufungsbescheid. Dieser kann nun im Interesse des Patienten ausfallen oder eben nicht. Sind Sie nicht einverstanden, weil Ihnen oder Ihrem Angehörigen keine oder eine zu niedrige Pflegestufe zugeteilt wurde, haben Sie das Recht, Widerspruch bei der Pflegekasse einzulegen. Der Hinweis darauf muss im Übrigens im Einstufungsbescheid zu finden sein, ebenso die Frist von 4 Wochen, die Ihnen dafür bleibt.
Hier Grafik
Quelle:www.gbe-bund.de
Die Pflegekasse wird entscheiden, ob ein Zweitgutachten erfolgt, um den Status der Pflegebedürftigkeit erneut zu überprüfen. Lehnt Sie aber dieses ab und entscheidet anhand der Aktenlage wieder zu Ihren Ungunsten, bleibt Ihnen der Widerspruchsausschuss der Pflegekasse. Und danach steht der Klageweg offen.
Innerhalb eines Monats können Sie beim zuständigen Sozialgereicht Klage gegen den Bescheid einreichen. Dieses Verfahren ist für Sie kostenlos. Auch wenn es gesetzlich gestattet ist, sich vor Gericht selbst zu vertreten ein Sachverständiger hilft Ihnen sicher weiter und ist sehr zu empfehlen. Holen Sie sich diesbezüglich Rat bei Ihrem Pflegeberater.
Sind Sie nicht einverstanden mit dem Bescheid Ihrer Pflegkasse, weil Ihnen bzw. Ihrem Angehörigen keine oder eine zu niedrige Pflegestufe zugeteilt wurde, können Sie innerhalb von vier Wochen Widerspruch dagegen einlegen. Dieser sollte sachlich gut begründet sein: Dabei hilft Ihnen das Gutachten zu Ihrem Fall sowie Ihr Pflegetagebuch. Holen Sie sich außerdem Expertenwissen vom Pflegeberater oder von ambulanten Pflegedienst.
Wurde Ihre Pflegestufe ohne Weiteres anerkannt? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Lassen Sie es uns gern in den Kommentaren wissen.